Allgemein, Stoffwechsel

Keine Panik vor Schilddrüsenknoten

Echotherapie von Schilddrüsenknoten

Schilddrüsenknoten sind ein verbreitetes Problem. Rufen sie Beschwerden hervor oder besteht Krebsverdacht, müssen sie entfernt werden. Mit modernen Therapieverfahren gelingt dies längst erfolgreich – manchmal sogar ganz ohne Schnitt.

Sie werden oft zufällig beim Abtasten des Halses oder bei einer Ultraschalluntersuchung entdeckt: Knoten in der Schilddrüse. Diese unterhalb des Kehlkopfs gelegene, schmetterlingsförmige Drüse ist zwar nur daumengroß, für unseren Körper aber dennoch enorm wichtig. Sie bildet Hormone, die fast alle wichtigen Körperfunktionen steuern, wie Herzaktivität, Blutdruck, Knochenwachstum, Funktion der Muskeln, Verdauung und Energiestoffwechsel. Das Mini-Organ benötigt vor allem Jod, um seine Funktion ausüben zu können. Kommt es zu einem anhaltenden Jodmangel, besteht bei entsprechender genetischer Anlage die Gefahr, dass sich Knoten bilden.

Fast jeder Dritte ist betroffen

Experten schätzen, dass fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland einen oder mehrere Knoten in der Schilddrüse aufweist. Bei älteren Menschen bilden sie sich häufiger als bei jüngeren. So sind knotige Veränderungen in der Schilddrüse bei fast jedem Zweiten über 65-Jährigen nachweisbar. Frauen sind etwa viermal so häufig betroffen wie Männer. In etwa zehn Prozent der Fälle treten Knoten in der Schilddrüse gemeinsam mit einem Kropf auf. In vielen Fällen bereiten diese Veränderungen jedoch keinerlei Probleme und müssen daher auch nicht behandelt werden. Mitunter bilden sie sich auch von selbst wieder zurück. Manche Knoten werden immer größer und führen irgendwann zu Beschwerden, wie erschwertem Schlucken, Heiserkeit, Räusperzwang, allgemeinem Druckgefühl im Hals, Luftnot oder eventuell auch Schmerzen bei direktem Druck auf das veränderte Gewebe.

Heiße und kalte Knoten

Mediziner unterscheiden zwischen kalten und heißen Knoten. Bei heißen Knoten handelt es sich fast immer um gutartige Veränderungen. Sie bestehen aus Zellen, die verstärkt Jod aufnehmen und mehr Schilddrüsenhormone bilden, als unser Körper benötigt. Dadurch kann es langfristig zu einer Überfunktion der Schilddrüse kommen, zu einer sogenannten Hyperthyreose, die eine Steigerung der Stoffwechselprozesse zu Folge hat. Der Körper arbeitet dann ständig auf Hochtouren, was ihn auf Dauer stark belastet. Die Betroffenen haben mit Beschwerden, wie innerer Unruhe, starkem Schwitzen oder Schlaflosigkeit zu kämpfen. Die deutlich häufiger auftretenden, kalten Knoten nehmen hingegen kein Jod auf und produzieren wenige bis gar keine Schilddrüsenhormone. Sie bergen allerdings eine, wenn auch sehr geringe, Krebsgefahr. Die gute Nachricht aber lautet: 95 Prozent der Knoten sind jedoch gutartig.

Regelmäßige Kontrolle ist oft ausreichend

Bei normalen Schilddrüsenwerten und einzelnen, kleinen, gutartigen Knoten, die keine Probleme bereiten, reicht es meist aus, die Schilddrüse regelmäßig von einem Spezialisten untersuchen zu lassen. Wachsen sie jedoch und engen die Luft- oder Speiseröhre ein oder führen zu einer Veränderung der Schilddrüsenfunktion, wird meist die Schilddrüse unter Vollnarkose ganz oder teilweise operativ entfernt oder, wenn es sich um heiße Knoten handelt, auch mit einer Radiojodtherapie behandelt. Dabei schlucken die Betroffenen eine schwach radioaktive Dosis Jod. Das Jod lagert sich in den Zellen ab, die zu viel Schilddrüsenhormon produzieren und zerstört diese.

Schonende Behandlung mit Hitze

Für die Behandlung gutartiger Knoten gibt es mittlerweile jedoch auch schonendere Alternativen, die mit Hitze arbeiten, sogenannte thermoablative Verfahren, mit denen sich sowohl heiße wie auch kalte Knoten behandeln lassen. Dabei wird das knotig veränderte Gewebe auf Temperaturen von 60 bis 90 Grad erhitzt und quasi weggeschmolzen. Der Vorteil dieser Hitzebehandlungen ist, dass sie besonders gewebeschonend und nebenwirkungsarm sowie ohne längeren Krankenhausaufenthalt durchführbar sind. Da nur die erkrankten Zellen zerstört werden, bleibt den Patienten eine lebenslange Einnahme von Hormonen erspart. Zudem ist das Risiko für eine Schädigung des Stimmbandnervs geringer als bei einer herkömmlichen Operation. Außerdem kann es bei der Hitzebehandlung nicht zu einer versehentlichen Entfernung der sehr kleinen Nebenschilddrüsen kommen, die den Kalziumstoffwechsel regulieren. Vor der Behandlung von kalten Schilddrüsenknoten muss der Arzt jedoch zunächst sicherstellen, dass diese nicht bösartig sind.

Echotherapie schont das Gewebe

Die gewebeschonendste Methode ist die Echotherapie, die auch als hochfokussierte Ultraschall- Therapie, kurz HIFU-Therapie bezeichnet wird. Sie erfolgt komplett nicht-invasiv also ohne Nadel oder Hautschnitt. Bei der Echotherapie werden die Knoten mit gezielten gebündelten Ultraschallwellen durch die Haut hindurch wie durch ein Brennglas erhitzt. Das behandelte Gewebe zersetzt sich und wird mit der Zeit eigenständig vom Körper abgebaut, wodurch der Knoten an Volumen verliert. „Mit der Echotherapie können wir die Knoten millimetergenau behandeln, ohne dabei die Funktion des umliegenden gesunden Gewebes zu beeinträchtigen“, sagt Heinrich Fürst, Chefarzt an der Klinik für Allgemein-Visceral- und Thoraxchirurgie am Krankenhaus Martha-Maria in München, das als eines von 16 Zentren in Deutschland und als einzige Klinik in Bayern diese schonende Behandlungsmethode anbietet. Allerdings ist, wie auch bei den anderen thermoablativen Verfahren, etwas Geduld erforderlich, da es etwas dauert, bis der Effekt eintritt. „Die Größe der Knoten nimmt innerhalb von sechs Monaten um etwa 60 bis 70 Prozent ab. Sie verschwinden nicht ganz“, erläutert der leitende Oberarzt Thomas Negele. „Während bei den anderen Thermoablationsverfahren noch ein Einstich in den Schilddrüsenknoten mit einer Nadel oder einer Sonde nötig ist, entfällt dies bei der Echotherapie komplett“, erklärt Fürst. Deshalb entstehen auch keine Narben, Wunden oder andere Beeinträchtigungen. Es gibt auch kein erhöhtes Infektionsrisiko. Außerdem ist das Verfahren für die Patienten nahezu schmerzfrei. „Trotzdem bekommen sie bei uns eine Vollnarkose, weil sie sich während der Behandlung nicht bewegen dürfen“, sagt der Mediziner. Während des gesamten Prozesses erfolgt eine Echtzeitkontrolle mittels Ultraschallbildern. Das Behandlungssystem definiert automatisch Sicherheitsabstände zu Luftröhre, Halsschlagader und Haut, um diese zu schützen. Nach der Behandlung, die 20 bis 60 Minuten dauert, verbringen die Patienten eine Nacht zur Beobachtung in der Klinik. Laut Fürst belegen mittlerweile viele klinische Studien, dass diese innovative Behandlungsmethode, die 2013 in Deutschland eingeführt wurde, wirkt und sicher ist. „Man muss die Patienten allerdings sehr sorgfältig auswählen“, gibt Negele zu bedenken. Nicht geeignet für eine Ultraschalltherapie sind knotige Veränderungen, die größer als zehn Milliliter sind und tief liegende Knoten. Außerdem dürfen diese nicht zu nah an Blutgefäßen und Nerven liegen. Beim hochfokussierten Ultraschall handelt es sich bislang noch nicht um ein Standardverfahren und damit auch nicht um eine generelle Kassenleistung. Laut Fürst gibt es aber bereits Abmachungen mit verschiedenen Krankenkassen.

Die Behandlung mittelgroßer Knoten

Für die Behandlung mittelgroßer gutartiger Knoten bis Mandarinengröße eignet sich die Radiofrequenzablation, kurz RFA. Sie basiert auf der Wirkung von hochfrequentem Wechselstrom. Unter örtlicher Betäubung wird unter Ultraschallkontrolle eine stricknadeldicke Sonde in den Knoten eingeführt. Der Stromfluss erzeugt ein elektrisches Feld und erhitzt dadurch das Gewebe. Die Dauer der Behandlung beträgt je nach Größe und Zahl der Schilddrüsenknoten zwischen zehn und 15 Minuten. Die Sicherheit und Effektivität der RFA bei der Behandlung von Schilddrüsenknoten konnte bereits in über 100 Studien belegt werden.

Die Behandlung größerer Knoten

Größere gutartige Knoten ab einem Volumen von 100 Milliliter lassen sich mit der Mikrowellenablation, kurz MWA, behandeln. Auch bei diesem Verfahren führt der Arzt eine Sonde in den Knoten ein. Die benötigte Wärme wird erzeugt, indem – ähnlich wie bei einer Haushaltsmikrowelle – Wassermoleküle durch elektromagnetische Wellen in Schwingung versetzt werden. Die verschiedenen Optionen erlauben es dem Arzt, seine Patienten individuell mit dem für sie am besten geeigneten Verfahren zu behandeln. Bei sehr großen Knoten braucht es eventuell mehrere Sitzungen.

Bei Anzeichen für Knoten – zum Arzt!

Um welche Art von Knoten es sich handelt, ob eine Behandlung notwendig ist und welches Verfahren im individuellen Fall das am besten geeignete ist, kann nur ein Mediziner feststellen. Wer Beschwerden hat oder im Bereich seiner Schilddrüse Knoten oder eine generelle Vergrößerung des Organs feststellt, sollte daher immer sofort einen Arzt aufsuchen.

Erschienen in der AZ am 26. APRIL 2021

Bildquellen

  • Echotherapie-Behandlung der Schilddrüse: Theraclion